Am Sonntag und Montag Nachmittag (30. und 31. Mai) genießen wir nochmals die Caneel Bay und den tollen (wenn auch vollen) Strand. Dienstag (01. Juni) starten dann nachmittags die Abfahrt- Vorbereitungen: wir sind unterwegs, um Lebensmittel sowie Gas für unseren Grill einzukaufen und damit wie üblich stundenlang beschäftigt.
Mittwoch dann Homeoffice, -schooling, Wasser machen, Wäsche waschen, Boot putzen, Unterwasserschiff zumindest in Teilen schrubben, aufräumen und vor allem alles seefest verstauen, Kajak abbauen und verstauen etc…Matthias fährt mit der Fähre nach St. Thomas, holt unser Päckchen (ja, es ist endlich da!) und kauft noch weiteres Anglerzubehör. Zudem Diesel aus Reservetanks in Tank füllen und mehrmals mit dem Dinghi zur Tankstelle fahren, um Benzin und Diesel aufzufüllen. Dann „auschecken“, den Dinghi Motor hochziehen und das Dinghi an die Davits hängen.
Mit anderen Worten: den ganzen Tag von morgens früh bis spät abends schuften - aber alle packen richtig toll mit an. Eine super Familien-Gemeinschaft… Am Donnerstagmorgen, den 3. Juni um 6:00 Uhr starten wir dann.
Wir verabschieden uns von den AVIs mit einem lachenden (wir wollen endlich neue Eilande erkunden) und einem weinenden Auge: wir hatten hier tatsächlich die tollste Zeit unserer bisherigen Reise und die Jungs schauten uns mit großen Augen an, als wir sagten, dass wir weiterfahren würden… gerne wären sie hier geblieben. Das lag vor allem daran, dass wir hier zum ersten Mal richtig runterkommen konnten, wir waren in die Routinen von Homeschooling und Home-Office eingearbeitet und die Anzahl der Reparaturen (vor allem der schwerwiegenden) hat zum ersten Mal abgenommen. Mit anderen Worten: wir haben uns ins Fahrtenleben eingegroovt. 😁👍
Die 240 Seemeilen nach Dominica legen wir normalerweise in maximal 48 Stunden zurück.
Wir haben allerdings die Strömung unterschätzt. Diese arbeitet mit 2,5 Knoten gegen uns. Zudem Welle (statt der vorher gesagten 1-1,5 m sind es 2-3 m) und Wind (statt der vorher gesagten 15-17 Knoten sind es 20-25 Knoten). Dazu immer wieder Squalls (kleine lokale Tiefdruckgebiete) mit Winden von bis zu 40 Knoten und schüttendem Regen - alles ist nass von Süß- und Salzwasser.
Unsere LEREVE blockert gegen an - steigt die Wellen hoch und fällt wieder tief ins Tal, schaukelt wild hin und her. Das schaukeln kennen wir ja noch vom Atlantik 😉 - jeder Handgriff/ jede Bewegung, vor allem kochen und essen machen ist anstrengend.
Und das Schlimmste: wir brauchen ewig - nur 20 Seemeilen in 8,5 Stunden. Normalerweise würden wir diese Strecke in 4 Stunden zurücklegen…
Bereits zu Beginn der Fahrt fällt unser Autopilot wieder aus.
Matthias und Daniela wechseln sich Tag und Nacht mit dem Steuern ab - nachts schläft der jeweils andere direkt oben im Cockpit auf der Bank. Früh am Morgen mit dem ersten Sonnenaufgang passiert es dann: der Motor wird langsamer. Zunächst denken wir noch es ist zu wenig Diesel drin, wecken Julian zum Steuern und füllen seitlich auf dem schwankenden Schiff Diesel aus Kanistern nach. Die Drehzahl geht aber nicht hoch… Der Filter ist wahrscheinlich wieder verstopft. Wir setzen die Segel und versuchen, ob wir hart am Wind Richtung Dominica segeln können. Durch die starke Strömung werden wir aber immer wieder abgedriftet. Wir drehen unsere LEREVE bei - d.h. Vor- und Hauptsegel sind so gegeneinander gestellt, dass das Boot ganz ruhig im Wind liegt. Jetzt können die Kinder in Ruhe frühstücken und Matthias den Filter am Motor tauschen.
Nach dem Filterwechsel schnurrt der Motor wieder zufrieden 😁👍 Wir sehen aber, dass wir mit unserem restlichen Diesel nicht mehr weit kommen werden, zudem sind wir müde und fertig - wir brauchen eine Pause. Wir entscheiden uns daher für einen Zwischenstopp auf dem kleinsten Eiland der Karibik: Saba. In der Ferne im Dunst sehen wir eine Insel… Bis sie dann tatsächlich nah ist und wir da sind vergehen nochmals 10 Stunden - am Schluss ist die Strömung so stark, dass wir nur noch ein bis zwei Knoten fahren können. Selbst das steuern fällt da schwer, weil kaum mehr Ruderwirkung. Wir erhalten die Erlaubnis vor dem kleinen Fischerhafen vor Anker zu gehen. Als wir einen guten Platz gefunden haben, funktioniert die Fernbedienung der Ankerwinsch nicht mehr - es ist wohl zu viel Wasser übergekommen… Hier sind aber überall Moorings angebracht und so schnappen wir uns eine von diesen.
Am Freitag Abend, 4. Juni genießen wir fix und fertig den tollen Sonnenuntergang. Wenn auch der Platz hier sehr rollig ist (unsere LEREVE schaukelt wild in den Wellen), schlafen wir im Anschluss himmlisch gut 😁👍
Wir wussten, dass die Überfahrt kein Spaß werden würde, so schlimm hatten wir sie uns aber nicht vorgestellt. Allerdings haben wir das Schlimmste jetzt tatsächlich hinter uns: wir mussten uns bis hierhin nach Osten kämpfen, um dann hart am Wind nach Süden segeln zu können.
Der Samstag steht dann unter dem Motto ausschlafen und erholen sowie in den Hafen fahren und Diesel bunkern.
Von Freitag Abend bis Mittwoch, 9. Juni bleiben wir auf Saba. Wir legen uns auf die dem Wind abgewendete Westseite - trotzdem stürmt und windet es. Zudem ist leider der Mobilfunkempfang miserabel - immer nur ein Gerät kann mit viel Zuspruch online sein.
Für Daniela macht dies das Arbeiten sehr schwer: Sie tigert immer von einem Spot des Schiffes zum anderen, um den Empfang optimal auszunutzen. Ausgerechnet in dieser Woche hat sie viele Abstimmungs-Telefonkonferenzen und diverse Unterlagen müssen erstellt werden. Aktuell laufen 6 Projekte bei der Consulting parallel, die alle in den kommenden vier Wochen Abgabetermine haben - zudem noch diverse Themen bei der Heidelberger Recherchen. Da trifft es sich gut, dass wir auf Saba aufgrund COVID-19 nicht an Land dürfen: Sie startet bereits Sonntag ihre Arbeitswoche und ist ausgesprochen gut beschäftigt.
Matthias widmet sich währenddessen den wichtigsten Reparaturen: Bau einer Notfalllösung zur Steuerung unserer Ankerwinsch (die Platine der Fernbedienung ist kaputt und Ersatz haben wir nicht dabei!), Überprüfung unseres Autopiloten. Dieser ist insgesamt noch komplett funktionsfähig (zum Glück!), allerdings ist er aus seiner Verankerung herausgebrochen. Da muss ein Fiberglasexperte in Dominica ran...
Am Donnerstag öffnet sich dann ein Wetterfenster mit ruhigem Wetter bis Samstag - wir nutzen die Zeit und fahren noch nachts zunächst nach Statia (Nachbarinsel mit etwas besserem Mobilfunkempfang für Danielas Telefonkonferenzen...), um dann Freitag, den 11. Juni beim ersten Morgengrauen nach Dominica weiterzufahren. Wieder handsteuernd, aber bei recht ruhigem Wetter, fahren wir nach Süden. Samstagmittag erreichen wir unser Ziel 😊. ENDLICH! Die 240 Seemeilen einer Südostfahrt durch die Karibik haben wir massiv in Bezug auf Strömung und Gegenwind unterschätzt.